Helmut Kuhn ist mit der Romanfigur Holli Umsiedler ein warmherziger Vergangenheitsforscher gelungen
Von Renate Schauer
Wenn einer Holli Umsiedler heißt und sich seiner heimatvertriebenen Omi annimmt, klingt das nach einer schicksalhaften Verschränkung ohne Schnörkel. Tatsächlich trägt dies die Grundstimmung des Romans Omi von Helmut Kuhn, einem Autor, der sehr gewandt mit Sprache umgehen kann und von dem literarisch vermutlich noch einiges zu erwarten ist.
Nur wünscht man sich, dass er künftig seine Experimentierfreude etwas zähmt oder besser kanalisiert. Denn weil die Geschichte mit der Omi, der er gerne eine Rückkehr in die Heimat ermöglichen möchte, nicht allzu üblich geraten soll, ist ein überirdisches Wesen hineingewebt, das ungerechtfertigt Aufmerksamkeit absorbiert. Zwar ist dieses surreale Lichtmädchen namens Marylong amüsant und weist mit spitzen Fingern in futuristische anmutende Fantasie-Welten, aber der Versuch, sie mit der Welt der Heiligen von anno dazumal zu verquicken, provoziert Grinsen wie bei einer Satire. Das sollte vielleicht auch so sein, aber der wohl ebenfalls beabsichtigte Effekt, die Jugend mit ins Boot zu holen bei einer Materie, die für gewöhnlich eher ältere Semester fesselt, verliert dadurch erheblich an Wirkkraft.
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